Aufführung der Oberstufen Theater AG
Mit Shakespeares „Das Wintermärchen“ brachte die die Theater AG ein sprachlich nicht ganz einfach zu verstehendes Stück auf die Bühne. Dass die Gedanken jedoch keine Minute abschweiften, lag an der Inszenierung. Durch herausragendes Spiel wirklich aller Beteiligten wurde der Text so deutlich durch Mimik, Gestik und Körpersprache herausgearbeitet, dass selbst sperrige Textpassagen leicht verständlich wurden.
Der brillante Jenia Pantoffelmann
schaffte es auf geniale Weise die wahnsinnige und ungerechtfertigte
Eifersucht des Königs von Sizilien, Leontes, und dessen Ambivalenz
zwischen südländischem Temperament und Hofetikette genauso
herauszuspielen wie dessen spätere Trauer und Selbstvorwürfe, als
er mit den Folgen dieser Eifersucht konfrontiert wird. Die Königin
durchlebt aufgrund der sie ereilenden Ereignisse ebenfalls
verschiedenste Gefühlslagen, die aber wegen ihrer angeborenen Würde
nicht so deutlich zeigen darf wie ihr Mann. Dieser schwierigen
Aufgabe wurde Emma Schrade mehr als gerecht. Durch Körpersprache,
Mimik und Anmut wurde das Rollenprofil oft deutlicher, als durch die
Worte im Text. Camillo, der Freund und Vertraute des Königs, der den
scheinbaren Nebenbuhler, den böhmischen König Polixenes, vergiften
soll, ist hin- und hergerissen zwischen seiner Loyalität gegenüber
Leontes und seiner eigenen klaren Sicht auf die Dinge. Diese
schwierig herauszuspielende Zerrissenheit wurde durch das Spiel von
Simon Schwarzl besonders deutlich.
Das reduzierte Bühnenbild unterstrich
die Kälte und Härte des Sizilianischen Hofs und legte den Fokus auf
das extrem ausdrucksstarke Spiel der Schauspieler. Hier dominierten
Schwarz und Weiß – nur der Sohn, der nicht erwachsen werden will
und mit seinen Spielsachen auftauchte, brachte Farbe und damit einen
Gegenentwurf zu der Strenge des Hofs auf die Bühne.
Ganz anders das Bühnenbild für den
zweiten Spielort des Dramas: Böhmen. Hier wurde an nichts gespart,
um eine lockere, entspannte Gegenwelt zu Sizilien zu erschaffen:
Luftballons und Heu, bunte Farben und Blumen. Auch hier wurde die
Gesamtheit der Stimmung perfekt durch die Schauspieler verkörpert.
Die Tumbheit der Schafhirten wird mit viel so Spaß und Spielfreude
liebevoll von Rahel Hildebrand und Benedikt Schwab auf die Bühne
gebracht, dass man angerührt und erheitert wird, ohne die einfachen
Schäfer zu verlachen. Diese Gratwanderung und schauspielerische
Meisterleistung ist sicher auch zum Teil deswegen möglich, weil alle
Hauptfiguren von herausragenden kleineren Rollen getragen werden.
Johannes Zwicker als König von Böhmen, Freund des sizilianischen
Königs und Vater, der befürchtet, dass sein Sohn nicht standesgemäß
heiratet, war genauso ergreifend wie sein Sohn, dargestellt von
Gianni Mauta, der nur noch an die schöne Schäfertochter Perdita
denken kann. Anja Steinberg gelingt es, den Liebreiz der unfassbar
schönen Tochter, die alle durch ihre Schönheit um den Verstand
bringt, glaub- und zauberhaft auf die Bühne zu bringen.
Ein weiteres Element, um die Stimmung
zu verkörpern, ist die Musik: Am Hof von Sizilien wird getragen und
melancholisch Cello und Klavier gespielt, in Böhmen spielte die
Blasmusik auf. Welche unglaublichen Talente an unserer Schule sind,
wird hier nochmal deutlich: Die Musik wurde live und von den
Schauspielern selbst bzw. im Falle der Blasmusik von andren Schülern
der Schulgemeinschaft gespielt.
So viele der überragenden weiteren
Haupt- und Nebendarsteller müssten erwähnt werden. Um den Rahmen
nicht zu sprengen, kann man nur zusammenfassen und sagen, dass diese
Inszenierung weit über das normale Niveau von Schülertheater
hinausgeht und sich mit professionellem Theater durchaus messen kann.
Cornelius Lehmann und Peter Kliebhan
verstanden es, Unglaubliches aus den Schülern herauskitzeln. Nur
durch ihre intensive Arbeit mit den Schülern ist so eine Leistung
möglich. Die Wirkung und die Bedeutung dieser TheaterAG für die
Schüler sind immens. Es ist sicher kein Zufall, dass eine ehemalige
Schülerin, die nach längerem Auslandsaufenthalt erst drei Tage wieder in Deutschland war, aus tiefer Verbundenheit mit „ihrer Theater AG“ als Gastrolle auf die Bühne trat. Was den ganz besonderen Zauber der Theaterarbeit am Gymnasium Weingarten ausmacht und welche wichtige Aufgabe diese beiden Lehrer hier so bravurös meisterten, kann man als Außenstehende nur erahnen.
Besonders
berührend ist es, wenn sonst so stille und unauffällige Schüler
auf der Bühne eine Seite von sich zeigen, die wir Lehrer sonst nie
zu sehen bekommen. Danke an alle Mitwirkenden, an Long von der
Technik, an die „Söhne Manfreds“ aus der Blasmusikkapelle und
selbstverständlich an alle Schauspieler und die beiden Regisseure
für eine geniale Aufführung!