Schüleraustausch zwischen den Partnerschulen "Ytzhak Rabin" in Nahariya (Israel), dem Gymnasium Weingarten und dem Welfen-Gymnasium Ravensburg

 

1. Zielsetzung

  • Die Schulpartnerschaft zwischen den drei Schulen hat sich zum Ziel gesetzt, einen Beitrag zur Verständigung mit dem jüdischen Volk und dem Staat Israel zu leisten. Sie will Jugendliche beider Staaten zusammenführen, persönliche Begegnungen ermöglichen und dadurch zur Überwindung von Vorurteilen beitragen.

2. Entstehung und Anfang

  • Der Schüleraustausch wurde von dem Lehrerehepaar Werner Wolf (Gymnasium Weingarten) und Ursula Wolf (Welfen-Gymnasium Ravensburg) initiiert und nach dreijähriger Vorbereitungszeit 1991 ins Leben gerufen. Von der ersten Stunde an stand Pinchas Erlanger, ein in Ravensburg geborener Jude, dem Projekt als „Vater der Partnerschaft“ hilfreich und tatkräftig zur Seite; so vermittelte er die ersten Kontakte zur Amal-Schule in Nahariya. Angeregt hatte diese besondere Schülerbegegnung die „Gesellschaft für christlich-jüdische Begegnung in Oberschwaben“. 
  • Unsere Partnerschule, die Amal Comprehensive High School „Ytzhak Rabin“ in Nahariya, ist eine Gesamtschule mit annähernd 3000 Schülern und 300 Lehrern. 
  • Nahariya – eine Gründung deutscher Juden aus dem süddeutschen Raum – liegt im Norden Israels, etwa 12 km von der libanesischen Grenze entfernt an einem reizvollen Küstenabschnitt des Mittelmeeres.
  • Der erste Austauschbesuch einer deutschen Gruppe in Israel fand im Herbst 1991 statt, der erste Gegenbesuch der Israelis im April 92.

3. Modalitäten 

  • Im Mittelpunkt des zweiwöchigen Austausches steht das Leben in den Gastfamilien und damit verbunden das Kennenlernen des Alltagslebens, der Probleme und der Mentalität der jeweiligen Gastgeber. Die Schüler nehmen am familiären und schulischen Leben ihrer Partner teil, verbringen mit ihnen ihre Freizeit und versuchen durch gemeinsame Projekte ihre gegenseitigen Beziehungen auch kreativ zum Ausdruck zu bringen. Sportliche und musische Aktivitäten führen beide Gruppen spielerisch zusammen. Fast immer bezieht der Besuch eines Gastschülers auch die gesamte gastgebende Familie (in Israel die Großfamilie) mit ein und erhält so eine intensive Breitenwirkung.
  • Ideell und finanziell getragen und unterstützt wird der Austausch durch die beiden Städte Ravensburg und Weingarten sowie durch die „Gesellschaft für christlich-jüdische Begegnung in Oberschwaben“.
  • Der Schüleraustausch verläuft in einem zweijährigen Turnus; normalerweise besucht uns die israelische Gruppe im Oktober (im Zusammenhang mit den Shawuot-Ferien); ein halbes Jahr später, um die Pfingstferien des folgenden Jahres, reist die deutsche Gruppe nach Nahariya. Die beiden zwei- bis dreiwöchigen Aufenthalte verteilen sich je zur Hälfte auf die Schulzeit und die Ferienzeit.
  • Die Sprache unseres Austausches ist  Englisch.
  • Voraussetzung einer solchen Partnerschaft ist eine gewisse persönliche Reife; daher sind auf deutscher Seite zehnt- und elftklässler unter der Leitung von Monika Hinz-Köhler (Welfen Gymnasium), Cornelia Ohnhaus (Gymnasium Weingarten) und Peter Kliebhan (Gymnasium Weingarten),

4. Das Seminar

  • Vorbereitet und begleitet wird dieser Austausch durch eine einjährige Schulung im Rahmen des Israelseminars. Diese AG, die alle zwei Wochen jeweils dreistündig stattfindet,  beschäftigt sich mit allen Aspekten, die mit dem Judentum und Israel, seiner Geschichte, seiner Religion, seiner Kultur und seiner Politik zu tun haben. Themen sind z.B. der Antisemitismus, die Judenverfolgung in der Nazizeit, die religiösen Feste und das jüdische Brauchtum.

5. Das Programm im Schussental

  • Die Israelis lernen die Bodenseeregion in ihrer kulturellen Vielfalt diesseits und jenseits der Grenzen kennen (Rheinfall von Schaffhausen, Bischofsstadt Konstanz, Weltkulturerbe St. Gallen mit der berühmten Stiftsbibliothek,  die älteste Burg Deutschlands in Meersburg und den höchsten Kirchturm der Welt in Ulm u.v.a.). Betriebsbesichtigungen, z. B. bei den Ravensburger Spielen, gewähren ihnen einen Einblick in die Wirtschaftswelt des Schussentals.
  • Von entscheidender Bedeutung ist die gemeinsame Fahrt in die KZ-Gedenkstätte Dachau, wo sich Israelis und Deutsche ihrer besonderen Vergangenheit stellen und durch eine gemeinsam gestaltete Gedenkfeier in der Synagoge, die auf dem Lagergelände eingerichtet worden ist, ihre Betroffenheit und Trauer über das Geschehene zum Ausdruck bringen, aber auch zukunftsweisende Schritte der Versöhnung wagen.
  • Die israelische  Schülergruppe wird sowohl vom  Weingärtner OB als auch vom Ravensburger OB im jeweiligen Rathaus empfangen. Die politische Komponente des Austauschs wird auch betont durch die Begegnung der jungen Israelis mit einem Bundestagsabgeordneten. Soweit es seine Zeit zulässt, stellt sich MdB Dr. Schockenhoff den Fragen der Schüler in einer Diskussionsrunde gern und kompetent.

6. Das Programm in Israel

  • Die deutschen Jugendlichen erleben das Land Israel in seiner ganzen gegensätzlichen Vielfalt. Beispielsweise folgen sie den Spuren Jesu am See Genezareth (Berg der Seligpreisungen, Brotvermehrungskirche, Kapernaum, Nazareth); sie erleben das Mit- und Gegeneinander der drei Weltreligionen Judentum, Islam und Christentum in Jerusalem hautnah (Klagemauer, Tempelberg, Grabeskirche), kommen aber auch mit den Geheimreligionen der Drusen und der Bahai’s in Berührung. Sie erfahren zudem Jerusalem als politisches Zentrum des Staates Israel (Besuch der Knesseth). Ein unvergesslicher Höhepunkt – oder besser gesagt der Tiefpunkt – der Reise ist die Expedition ans Tote Meer, den tiefsten Punkt der Erde, in die Negevwüste und in die Oase En Gedi. In der Holocaustgedenkstätte Yad Vashem werden sie mit der Unmenschlichkeit nationalsozialistischer Gewaltherrschaft konfrontiert.
  • Unverzichtbarer Bestandteil jeder Israelreise ist ein Besuch bei Pinchas Erlanger in Shavey Zion (einem kleinen Moshav in der Nähe Nahariyas), der als jüdisches Kind das Spohn-Gymnasium in Ravensburg besuchte und dem 1939 mit seiner Familie in letzter Minute die Flucht nach Palästina gelang (Pinchas Erlanger verstarb 81-jährig am 29. August 2007; seine Witwe und seine Familie führen sein Versöhnungswerk in seinem Geiste weiter).


Weingarten, den 15.10.2013
Peter Kliebhan (geändert von Fam. Wolf)